Demo-Bericht zum 06.04. in Stockach

Samstag, den 6.4, fand die Auftaktveranstaltung zum Europawahlkampf der AfD statt – inklusive eines Auftrittes der AfD-Bundesfraktionsvorsitzenden Alice Weidel. Da die rechte Hetze der AfD auch innerhalb der Provinz nicht unwidersprochen bleiben darf, mobilisierte man zu einer Gegendemonstration unter dem Motto „Stockach stoppt die AfD – Gegen den Auftritt von Alice Weidel“, obwohl der Veranstaltugnsort seitens der AfD erst kurzfristig bekannt gegeben wurde – vermutlich um Protest bereits im Vorfeld zu umgehen. Diese Art der Strategie scheiterte allerdings kläglich.

Der AfD-Kreisverband Konstanz imaginierte sich, nachdem die Gegenveranstaltung beworben wurde, sein Szenario herbei, dass die AfD sich vor angeblichen Übergriffen und Gewalttaten fürchten müsse. Liest man sich die Kommentare unter dem entsprechenden Post durch, lässt sich allerdings eine klare Linie auf seiten der AfD erkennen: So wurde in zahlreichen Facebook-Kommentaren zu Gewalt gegen die Demonstrant*innen aufgerufen. Außerdem wurde eine Drohmail verfasst, in der angekündigt wurde, dass 30 AnhängerInnen der rechtsextremen Identitären Bewegung die Demonstration unterwandern würden. Im Nachhinein erwiesen sich die Drohungen allesamt als leere Worte und blieben erfolglos. Gegen die Veranstaltung der AfD fanden sich eine Vielzahl von Demonstrant*innen zusammen – Einschätzungen zufolge etwa 150 Personen (1) – weit mehr als die Anzahl der TeilnehmerInnen der AfD-Veranstaltung.

Schon vor Beginn der Demonstration selbst konnte ein großer Erfolg verzeichnet werden: Kurzfristig wurde die ürsprünglich als öffentlich beworbene Veranstaltung der AfD nun unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt und war damit lediglich für AfD-Mitglieder, Förderer und „Gäste“ zugängig (2). Ein Wahlkampfauftakt in den eigenen Reihen, also ohne die Möglichkeit neue Wähler*innen gewinnen zu können, dürfte für die AfD eine ziemlich miese Bilanz sein. Und so war das erklärte Ziel der Demonstration – der AfD den Wahlkampfauftakt gehörig zu vermiesen – bereits vor Beginn derselben erfüllt.

Die Demonstration selbst zeichnete sich durch ihren vielfältigen und bunten Protest gegen die Hetze der AfD aus. Es erfolgte erst ein Demonstrationszug durch die Innenstadt, der wiederum kurz vor dem Bürgerhaus „Adler Post“ für eine anschließende Kundgebung halt machte. Dabei wurden mehrere Reden gehalten, in welchen beispielsweise Alice Weidel für ihre Rolle in der AfD kritisiert wurde, da sie die gesellschaftliche Akzeptanz und die erkämpften Rechte von Homosexuellen in Biel (Schweiz) genießen konnte, nun aber gegen eben jene „Gutmenschen“ hetzt und eine Partei voranführt, die die Rechte Homosexueller gefährdet. Aufgrund ihrer privilegierten Position könne sie die Vorwürfe, die AfD sei homophob, herunterspielen ohne selbst direkt von den Konsequenzen betroffen zu sein und würde maßgeblich dazu beitragen die AfD gesellschaftsfähiger zu machen. Außerdem wurde der AfD-Kreisverband Konstanz für seine Nähe zu diversen rechtsextremen Gruppierungen scharf kritisiert. Während der AfD-Bundesverband sich zumindest offiziell von derartigen Verbindungen distanziert, um nach außen hin harmlos und bürgerlich zu erscheinen, unterhält der Kreisverband Konstanz offen Beziehungen zu anderen rechten Strukturen in der Bodensee-Region. Als Beispiel wurde unter anderem die Identitäre Bewegung Bodensee genannt, die als Jugendorganisation des AfD-Kreisverbandes Konstanz betrachtet werden kann. Diese inhaltlichen Beiträge, die auch nicht einen geringen Teil der Veranstaltungen ausmachten, wurden unterdessen beispielsweise vom Südkurier völlig ausgelassen. Viel eher begnügte man sich damit, eine Art Liveticker nachzusimulieren, in dem erneut versucht wurde, das Anliegen der Demonstrant*innen herunterzuspielen oder Dinge geschrieben wurden, die nicht ganz der Wahrheit entsprechen. Diese wurden unter anderem in einem Beitrag von „Der Freitag“ näher beleuchtet (3).

Während der Demonstration vor dem AfD-Veranstaltungort versuchten TeilnehmerInnen der AfD-Veranstaltung immer wieder Demonstrant*innen zu fotografieren – vermutlich in der Absicht sie einzuschüchtern. Auch legten die Anwesenden der AfD-Veranstaltung ein generell äußerst infantiles Verhalten an den Tag, sei es das Miteinstimmen in Parolen, das Grimassen-Ziehen oder das vorgespielte Gelächter. Letztlich wirkte es eher so, als sei man äußerst verunsichert und habe nicht mit einem derartigen Aufgebot an Gegendemonstrant*innen gerechnet. Unter den gesichteten AfD-TeilnehmerInnen viele altbekannte Gesichter, die ganz klar dem Rechtsaußen-Spektrum zuzuordnen sind und zum Teil auch des öfteren bereits durch wirre Verschwörungstheorien aufgefallen sind.

Alles in allem konnte der AfD durch die Demonstration Reichweite nach außen genommen werden und ihr so der Wahlkampfauftakt deutlich erschwert werden. Stockach wird kein Einzelfall bleiben – es wurde ein klares Zeichen gesetzt: rechte Strukturen wie die AfD sind auch am Bodensee nicht willkommen!

1 https://www.suedkurier.de/region/kreis-konstanz/stockach/Weidel-lockt-etwa-80-Zuhoerer-ins-Stockacher-Buergerhaus-etwa-150-Demonstranten-protestieren-friedlich-gegen-den-Auftritt;art372461,10108743

2 https://www.suedkurier.de/region/kreis-konstanz/stockach/Wahlkampfveranstaltung-der-AfD-Alice-Weidel-spricht-nun-doch-hinter-verschlossenen-Tueren;art372461,10108121

3 https://www.freitag.de/autoren/elisanowak/nicht-willkommen