Wir erhielten eine Zusendung die wir hier veröffentlichen möchten.
*Leave No One Behind!
Nächtliches Malen an der Konstanzer Fahrradbrücke*
*In der Nacht vom 11. auf den 12.5. hat sich die Kleingruppe NoOne in die kalte Nacht aufgemacht um eine für alle lesbare Botschaft zu hinterlassen. Auf dem Brückenpfeiler der Konstanzer Fahrradbrücke steht nun für alle Menschen, die von der Herosé-Seite aus, auf das Wasser blicken, sichtbar: Leave No One Behind!*
Wir haben uns letzte Nacht in die kalte Nacht aufgemacht, um eine Botschaft zu hinterlassen… Das Wasser war wärmer als die Luft – aber trotzdem ziemlich kalt. Mit allem was wir brauchten, schwammen wir zum Brückenpfeiler, schlüpften in warme Pullover und malten mit weißer Farbe den Schriftzug „Leave No One Behind“ auf den grauen Stein. Nach dem wir die Schrift mit schwarzer Sprühfarbe umrandet hatten, schwammen wir zurück ans Ufer, leise und unbemerkt – geschützt durch die ruhige Nässe und Dunkelheit der Nacht – erfreut über den reibungslosen Ablauf kehrten wir zitternd in der 6° Grad kalten Mai Nacht in die Wärme zurück. Heute Morgen im Tageslicht freuen wir uns über das Ergebnis.
*Warum wollten wir diese Botschaft mit euch teilen?*
*Was meinen wir mit „Leave No One Behind“?*
*Idylle, Friede, Freude, Eierkuchen*
Für viele Konstanzer*innen ist die Corona-Krise gut auszuhalten – Sowohl die Möglichkeit, dass einem die Decke auf den Kopf fällt als auch die Gefahr zu vereinsamen scheint nicht allzu bedrohlich: Denn viele Konstanzer*innen fahren sowieso gerne Fahrrad, haben große Häuser und Gärten und können gemütlich im Homeoffice arbeiten. Über die Gartenmäuerchen hinweg kann man auch so noch mit den Nachbarn quatschen und bei einem Spaziergang am schönen See lässt sich auch einfachst Abstand halten. Mit den aktuellen Lockerungen rückt das Virus langsamwieder etwas mehr in den Hintergrund. Bei vielen entsteht der Eindruck jetzt wäre bald alles überstanden und die Zeit im großräumigen Zuhause wäre ja recht aushaltbar gewesen…
*Leave No One Behind!*
Doch die Krise ist noch lange nicht vorbei…
Zwar wurde die schnelle Ausbreitung in vielen Ländern durch die strengen Maßnahmen einigermaßeneingedämmt.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass das Virus keine Gefahrmehr darstellt – es gibt noch keinen Impfstoff und es wird sichweiterverbreiten…Eine Wirtschaftskrise hatte sich auch schon davor angekündigt und wirdnun unausweichlich. Zu was das genau führt und wie die gesellschaftliche Situation sich entwickeln wird, ist gerade noch schwer abzuschätzen.Vom Virus sind potentiell alle Menschen betroffen – es gibt aber bestimmte Menschen, in Konstanz und über lokale und nationale Grenzen hinweg, die sich durch ihre Lebensumstände größeren Ansteckungsrisiken aussetzen müssen, bei einer Erkrankung eher mit einem gefährlichenKrankheitsverlauf rechnen müssen oder Menschen, die unter den Maßnahmen,die zur Eindämmung des Virus ergriffen werden, besonders leiden.LeaveNoOneBehind ist eine Kampagne, die dazu aufruft, gerade in der Coronakrise mehr denn je solidarisch zu handeln und jene zuunterstützen, die von dieser Katastrophe besonders schwer betroffen sind.
*Solidariwhaaat?*
Zu Beginn der Pandemie wurde immer für mehr „Solidarität“ plädiert: Zum Schutz der Risikogruppen sollten wir alle zu Hause bleiben und uns an die verordneten Maßnahmen halten. Dass diese „Solidarität“ sehr beschränkt war und ist, sieht man auch daran, dass sie oft nur Deutschen galt und auch da nur Bestimmten: Die Situation von Saisonarbeiter*innen in Deutschland, die oft auf engstem Raum leben und keine Möglichkeit haben, sich voreinander zu schützen, ebenso die Situation an den europäischen Außengrenzen und die in deutschen Unterkünften für Geflüchtete wurden einfach ignoriert. Durch den massiven Druck der Bewohner*innen und sozialen Bewegungen wie der Seebrücke erfolgten einige Maßnahmen. Im Verhältnis sind die allerdings immernoch ziemlich lächerlich. Ebenso war der Umgang mit den Menschen in sogenannten systemrelevanten Berufen nicht besonders solidarisch: Zwar wurde wohl viel für das Krankenhaus- und Pflegepersonal geklatscht – aber hätten diese „solidarischen“ Klatscher*innen auch einen Streik der Arbeiter*innen gegen die prekären Arbeitsverhältnisse unterstützt?
*Kriselige Lockerungen*
Die Lockerungen bringen gerade ganz neue Problematiken hervor. Einige Menschen können sich wieder raus aus dem Krisenmodus bewegen…
Vorallem die Risikogruppen, mit denen wir davor ja alle ach so solidarisch waren, werden dadurch in eine schwierige Situation gebracht: Denn nun können die Menschen welche sich einer guten Gesundheit erfreuen und keiner Risikogruppe angehören durchatmen und ein paar Menschen mehr treffen, während sich Menschen mit Vorerkrankungen, Immunschwäche oder anderen Risikofaktoren sich bei jedem Treffen in größerer Runde ganz genau überlegen müssen, ob sie dabei sein können und ihre Gesundheit gefährden oder davon fernbleiben. Und nicht mal diese Wahl haben alle Menschen: Wenn sie oder ihre Mitbewohner*innen bald wieder arbeiten oder zur Schule gehen müssen, setzen sie sich damit einem hohen Risiko aus -entscheiden sie sich dagegen kann das mit einem hohen Aufwand, sozialem Ausschluss und Konsequenzen bezüglich Noten, Anstellung, Beförderungen einhergehen.Auch wenn es am Bodensee für viele Menschen einfach nur schön undidyllisch ist, ist es wichtig, sich damit auseinander zu setzen! Also Schluss mit Friede, Freude, Eierkuchen!
*Du!*
Leave No One Behind ist nicht nur ein Aufruf an politische Entscheidungsträger*innen, sondern ein Aufruf für Solidarität auf allen Ebenen. Leave No One Behind ist auch ein Aufruf an jeden Einzelnen. Ein Aufruf sich solidarisch zu verhalten und darüber nachzudenken welche Menschen die Krise stärker trifft und wie man jenen, die auf Hilfe angewiesen sind, helfen kann. In den vergangenen Wochen sind hier inKonstanz und auch an vielen anderen Orten solidarische Beziehungen entstanden, Einkaufspatenschaften, Nachbarschaftshilfen und bestimmt noch vieles mehr. Das macht Mut! Lasst uns diese Beziehungen aufrecht erhalten und ausbauen! Lasst uns gemeinsam für eine wirklich solidarische Gesellschaft eintreten! Wir streiten für eine Gesellschaft, die an alle Menschen denkt und in der alle Menschen die Möglichkeit haben mitzudenken! In dieser Gesellschaft wird an Menschen, die höheren Gesundheitsrisiken ausgesetzt sind grundsätzlich gedacht und es wird alles versucht, ihnen eine Teilhabe an gesellschaftlichen Ereignissen möglich zu machen! In dieser Gesellschaft entscheiden wir gemeinschaftlich über Maßnahmen, die die Bedürfnisse, sowie die Sicherheit aller Menschen mit einbezieht!
*Leave No One Behind!*