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Unser Beitrag zur gestrigen Kundgebung zum feministischen Kampftag

(aus der Sicht und von uns FINTA* Genoss*innen des OAT Konstanz (mit klasse Unterstützung einer weiteren Person) geschrieben und vorgetragen)
 
!! Wir sprechen hiermit eine Triggerwarnung zum Thema häusliche Gewalt aus !!
 
Die Arbeit von Frauen, von Trans-, von Intersex- und nichtbinären Menschen wird unsichtbar gemacht!
Von uns wird erwartet, dass wir für unser Umfeld als Organisator*innen, als Krankenpfleger*innen, als Therapeut*innen, als Lehrer*innen auftreten. Wir müssen liebevoll, geduldig, ruhig und aufopfern sein.
Wir leisten jeden Tag unbezahlte Arbeit. Wir pflegen, wir putzen, wir passen auf die Kinder auf, aber wir machen noch so viel mehr!
Wenn der Mann die Spülmaschine ausräumt, werden ganze Lobgesänge auf ihn abgehalten, wenn er auf die eigenen Kinder aufpasst, wird es „babysitting“ genannt.
Von uns wird das erwartet.
Jedes Mal, wenn wir Raum für Frauen errichten, jedes Mal, wenn wir Forderungen stellen, beschweren sich Männer.
Wir fordern kostenlose oder auch nur steuerfreie Hygieneartikel für die Menstruation wie Tampons und Binden und es werden männliche Stimmen laut, die nach kostenlosem Rasierzeug schreien…
Jedes Mal, wenn wir die Distanz zwischen uns und den Männern aufzuholen versuchen, schreien sie nach noch mehr Freiheiten für sich und rennen noch ein Stück weiter nach vorne.
So können wir die Distanz nie aufholen!
Jedes Mal, wenn wir über Gewalt an Frauen sprechen, kommt das große ABER.
„Aber Männer sind auch von Gewalt betroffen“. Ja, das stimmt. Dagegen muss etwas gemacht werden.
Aber diese Diskussion geht gerade um Gewalt an Frauen. Punkt.
Wenn du dich nur gegen die Gewalt an Männern einsetzt, wenn über Gewalt an Frauen gesprochen wird, dann ist das kein Einsetzen gegen Gewalt an Männern, dann ist das Whataboutism!!
Und der hilft niemandem!
Das lassen wir nicht zu. Nicht hier, nicht jetzt.
Denn jetzt ist es durch die Coronapandemie sogar noch einfacher geworden, unsere Arbeit unsichtbar zu machen…
Die Wohnung und das private Umfeld sind nicht nur Ort der unbezahlten Arbeit, sondern häufig auch Schauplatz von psychischer und physischer Gewalt gegen Frauen.
2019 wurden 114.903 Opfer häuslicher Gewalt laut Bundeskriminalamt gemeldet, Tendenz steigend. Die Dunkelziffer ist deutlich höher, denn nicht jede Frau hat die Möglichkeit, die Taten zur Anzeige zu bringen.
Sei es durch Androhungen noch schlimmerer Gewalt bis Mord oder der fehlenden Unterstützung ihres Umfelds.
Dabei sind Bullen übrigens auch seltenst eine Hilfe, denn die machen erst was, wenn es zu spät ist.
Mit Sätzen wie „Ist ja noch gar nichts passiert“, „Wir können ihm ja noch gar nichts nachweisen“ oder „Sie zerstören damit das Leben eines jungen Mannes“ werden Frauen wieder nach Hause, die die Gefahrensituation zurückgeschickt…
Es muss erst etwas passieren??
Die Situationen, in denen Frauen häusliche Gewalt erfahren, werden durch Corona nur noch verschlimmert.
Laut Dachverband Frauenhauskoordinierung fehlen 14.000 Plätze in den Frauenhäusern. Sie werden weder finanziell unterstützt noch während der Coronapandemie berücksichtigt.
Es fehlt zunehmend die Möglichkeit, sich von einem gewalttätigen Partner zu trennen, da das Wegfallen unzähliger „Mini-Jobs“ vor allem Frauen betrifft, diese somit in noch größerer Abhängigkeit zu ihrem Partner stehen und keine finanzielle Möglichkeit haben, auszuziehen – von der beschissenen Wohnungssituation mal ganz abgesehen!
Dass wir unbezahlte Care-Arbeit und das ihr zugrundeliegende Frauenbild kritisieren, bedeutet jedoch nicht, dass Frauen in höheren Positionen im Berufsleben frei von diesem Problem sind.
Im Gegenteil, die Doppelbelastung durch unbezahlte reproduktive Arbeit bleibt bestehen, sie wird nur teilweise auf andere Frauen abgewälzt. Das Problem bleibt das gleiche.
Wenn wir das bestehende System betrachten, ist das auch nicht weiter verwunderlich.
Patriarchat und Kapitalismus gehen Hand in Hand!
Nicht nur fördert der Kapitalismus diese und andere Formen von Unterdrückung, sie sind auch wesentlicher Bestandteil seiner Funktionsweise, auch weil die „bürgerliche Kleinfamilie“ als stabilisierendes Element einer funktionierenden Gesellschaft kaum mehr wegzudenken ist. Diese konservative Sichtweise und die damit verbundenen Anforderungen an Frauen führen zu strukturellem Sexismus in allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens.
Das zeigt sich nicht nur in der bereits angesprochenen Care-Arbeit, sondern auch im Frauenbild während der Sozialisation, bei der Arbeit und im Haushalt, sowie im Umgang mit Frauen während der Coronapandemie.
Wir müssen Sexismus zum Thema machen, in der Schule, in der Uni, am Esstisch, ÜBERALL.
Wir müssen uns mit von häuslicher Gewalt Betroffenen solidarisieren, Rückzugsorte und Safe Spaces schaffen, wir brauchen eine konsequente Herangehensweise an strukturellen Sexismus, wir brauchen gerechte Rücksichtnahme bei der Pandemie, die Care-Arbeit gehört bezahlt, das Frauenbild aufgearbeitet.
Erwartet von uns nicht nur Geduld, Liebe und Fürsorge…Wir sind sehr viel mehr als das! Wir sind nicht auf der Welt, um für die Männer den Dreck zu erledigen, den sie selbst nicht machen wollen. Männer: übernehmt Verantwortung für euer eigenes Handeln! Reflektiert euer Handeln, euren Sprachgebrauch, alles, was damit zusammenhängt!
Wir bitten nicht um Zugeständnisse, wir wollen keine Blumen!
Wir nehmen uns den Platz, der uns gehört!
Wir holen, was uns zusteht!

Mensur ist Menstruationsneid! – Antisemitismus und Männlichkeit bei Burschenschaften


Nach der erfolgreichen Demo in Stockach (Bericht und Bilder folgen!) geht es bei uns gleich am 19.04. weiter, dieses Mal allerdings mit theoretischem Input. Wir freuen uns darüber, mit Veronika Kracher wieder eine Referentin da zu haben, die schon letztes Jahr einen hervorragenden Vortrag bei uns gehalten hat. Dieses mal geht es um Burschenschaften und was deutsche Männlichkeit denn eigentlich mit Antisemitismus – und wo denn der Reiz dahin liegt sich anzuziehen als wäre man im 19. Jhd. hängen geblieben während man sich bei der Mensur das Gesicht verstümmelt.

Die Journalistin Veronika Kracher (konkret, taz, jungle world) analysiert in ihrem Vortrag „Die Burschenschaft: Sexualisierter Antisemitismus und deutsche Männlichkeit“ die historische Entstehung von Burschenschaften, setzt sich auf sozialpsychologische Art und Weise mit dem Männerbund und der ihm inhärenten Ablehnung des weiblichen Auseinander und erläutert, wieso das Bild einer spezifisch deutschen Männlichkeit als solches von Grund auf antisemitisch konnotiert ist.

Historisch gesehen spielen in der Ideologie der Studentenverbindung, die ihre einst demokratischen und freiheitlichen Wurzeln bereits zum Wartburgfest 1817 den gleichen Flammen übergaben, denen man damals schon die Werke jüdischer Schriftsteller*innen übergab, eine maßgebliche Rolle bei der Entwicklung des modernen deutschen Nationalstaates, als auch damit einhergehend der ihm innewohnenden antisemitischen Ideologie, als auch einer spezifisch deutschen Vorstellung von Geschlechtlichkeit.

Bei dieser wird der stramme, deutsche und naturwüchsige Mann, wie er durch den archetypischen Burschen vertreten wird, dem effeminierten, impotenten Juden, dem Vertreter der pervertierten Moderne entgegen gesetzt, und steht somit stellvertretend für den nationalsozialistischen Kampf des deutschen Reiches gegen das internationale, kosmopolitische Jüdische.

Zudem kann das homoerotische Begehren, welches dem Männerbund innewohnt, sich aufgrund internalisiertem Hass gegen alles als weiblich, zärtlich und somit schwach verstandene nur sadistisch artikulieren: gegen die Untergebenen in der Verbindung einerseits, gegen die pathische Projektion des effeminierten Juden andererseits. In beiden Fällen wird man durch die massenpsychologische Erfahrung des Kollektivs in seinem Denken und Tun bestätigt.

Also, schaut bei diesem spannenden und informativen Vortrag vorbei, wir freuen uns!

Hinweis bezüglich des Einlasses: Bei der Veranstaltung werden wir dahingehend Gebrauch des Hausrechtes machen, dass Personen die rechten Organisationen, explizit Burschenschaften und Studentenverbindungen, angehören sowie Personen die bei der Veranstaltung (als auch im Vorfeld) durch nationalistische, sexistische, rassistische, antisemitische und/oder homo-/transphobe Aussagen auffallen, der Eintritt nicht gestattet wird bzw. sie der Veranstaltung verwiesen werden um den Besucher*innen einen angenehmen Abend und störungsfrien Ablauf des Vortrages zu ermöglichen.

„Macht fair teilen“ – Internationaler Frauentag 2019

Unter diesem Slogan werden in Konstanz zum diesjährigen „Internationalen Frauentag“ mehrere Veranstaltungen von knapp 30 VeranstalterInnen in Konstanz beworben. Dieses Jahr soll der 8.3 vor allem genutzt werden um das bereits Geschaffte – insbesondere das vor 100 Jahren hart erkämpfte Frauenwahlrecht – hervorzuheben. Den historischen Kampf von Frauen* um gleiche Rechte zu würdigen ist an und für sich eine gute Sache. Noch besser ist es jedoch sich mit den auch heute noch existierenden Missständen auseinander zu setzen und diese zu bekämpfen – ganz im ursprünglichen Sinne des Frauenkampftages. Zur aktuellen Bedeutsamkeit des diesjährigen Mottos heißt es auf der Website der Stadt Konstanz schlicht: „Dass Chancengleichheit und Gleichstellung auch heute Themen sind und weiteren Einsatz verlangen, machen viele der Veranstaltungen deutlich.“ 1
Ungleiche gesellschaftliche Machtverhältnisse zwischen Männern* und Frauen* sind in der Tat auch heute noch ein wichtiges Thema. Insofern erscheint es zunächst erfreulich, dass auch hier in Konstanz ein Bewusstsein dafür geschaffen werden soll. Aber wie setzt man sich wirklich damit in den von der Stadt beworbenen Veranstaltungen auseinander?
Von den 20 Veranstaltungen handeln nicht einmal ein Drittel explizit von gesellschaftlicher und politischer Teilhabe von Frauen*. Zwischen den Einladungen zu Frühstücks- und Brunchveranstaltungen, Entspannungsnachmittag und Tanzabend gehen sie weitestgehend unter. Neben solchen Veranstaltungen werden in der Innenstadt auch Rosen an Mädchen und Frauen verteilt – um sie für „die Rolle der Frau in der Gesellschaft“ zu „sensibilisieren“.


Die Rolle der Frau in der Gesellschaft

Was ist die Rolle der Frau in der Gesellschaft und wie kommt sie zustande? Diese
Frage lässt sich nicht beantworten, ohne über die Rolle der Männer in der Gesellschaft zu sprechen. Im Allgemeinen immer noch als „stärkeres Geschlecht“ bezeichnet, werden Durchsetzungsvermögen, Mut, Zielstrebigkeit, Konkurrenzkampf, Dominanz und der Kampf um Führungspositionen („Alphamännchen“) Männern zugesprochen. Als „schwächeres und schöneres Geschlecht“ sollen Frauen* hingegen
einfühlsam, emotional, hilfsbereit und fürsorglich sein. Diese gesamtgesellschaftlichen Vorstellungen halten sich hartnäckig und wirken sich auf Erziehung, Selbst- und Fremdwahrnehmung aus. Unhinterfragt und als „naturgegeben“ werden sie immer wieder von der Gesellschaft abgebildet. Frauen* können zwar erfolgreich/professionell/schlau/witzig „für eine Frau“ sein, grundsätzlich werden ihnen jedoch diese als männlich angesehenen Attribute abgesprochen.

Das Patriarchat
Aus den zuvor genannten verschiedenen Sozialisationen und sexistischen Rollenbildern ergibt sich letztlich die untergeordnete Position der Frauen* in der Gesellschaft und im Umkehrschluss die männliche Vorherrschaft zulasten der Frauen* – das Patriarchat. Es zeigt sich strukturell in der ungleichen Bezahlung, dem niedrigen Frauen*anteil in Führungspositionen, der Unterrepräsentation von Frauen* in politischen Ämtern, des erst 100 Jahre alten Frauenwahlrechts in Deutschland und der Aneignung des weiblichen Körpers durch Abtreibungspolitik. Um diesen Problemen tatsächlich entgegenzutreten, müssen Männer als Nutznießer des Patriarchats benannt und kritisiert werden. Ungleiche Machtverhältnisse entstehen nicht aus dem Nichts, sondern sind das Produkt einer strukturell frauenunterdrückenden Gesellschaft. Diese findet sich nicht etwa erst hinter den Grenzen der bürgerlich-demokratischen Wohlstandgesellschaften, sondern prägt unser Leben auch in Konstanz Tag für Tag.

Aktionen zum Frauenkampftag
Ohne organisierte Aktionen eines feministischen Widerstandes gegen Sexismus und Patriarchat, ohne Frauen*, die für ihre Rechte einstehen und kämpfen, ohne politische Forderungen bleiben Veranstaltungen wie die in Konstanz rein symbolische Akte ohne Folgen. Zum Frauen*kampftag zelebrieren wir einen Feminismus, der das Problem der ungleichen Machtverteilung an den Wurzeln packt, mit traditionellen Rollenbildern vollständig bricht, die Täter klar benennt und anklagt und der eine befreite Gesellschaft ohne einengende Geschlechtsidentitäten und Patriarchat fordert.
Das Problem heißt Patriarchat, weltweit! Für einen transnationalen, radikalen Feminismus! … denn leider werden Rosen, gemeinsames Frühstücken und Naseputzen rein gar nichts an der vorherrschenden Unterdrückung von Frauen* ändern.

Zitate
1 https://www.konstanz.de/,Lde/start/leben+in+konstanz/oeffentlichkeitsarbeit+_+angebote.html

Allg. Anm.:
Das Gendersternchen*: Inklusion von Menschen jenseits des binären Geschlechtersystems, welches nur Frauen und Männer vorsieht, da diese Menschen ebenfalls von patriarchaler Unterdrückung betroffen sind, auch wenn diese sich nicht als Frauen verstehen. Transfrauen sind Frauen und kämpfen anseite von Non-binaries und anderen Queers gegen die symbiotisch funktionierenden Systeme Kapitalismus und Patriarchat. Außerdem dient das Gendersternchen als eine Verdeutlichung von Geschlecht als soziales Konstrukt.

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It’s not just boys fun – über das Geschlechterverhältnis in der radikalen Linken mit Veronika Kracher

Geschlechterverhältnisse in der radikalen Linken Vortrag
Antifaschistische Gruppen und Organisationen betrachten sich selbst häufig als Pioniere zu einer Gesellschaft, die den Kapitalismus überwunden hat. Wenn es jedoch um eine Kritik an den Geschlechterverhältnissen geht oder darum, die eigene patriarchale Sozialisation zu überwinden, scheinen zahlreiche Genossen überfordert. Sexismus, die Reproduktion von traditionell männlichen Verhaltensweisen, das Nutznießen der eigenen Position und sogar sexuelle Übergriffe finden leider auch innerhalb sich emanzipatorisch begreifender Strukturen statt, und selbst Frauen* lehnen als feminin codiertes Auftreten ab. Ob der antifaschistische Kampf und ein aggressiv-männlicher, „mackerhafter“ Habitus miteinander einher gehen müssen, analysiert die Journalistin Veronika Kracher am 03.04. um 19:00 Uhr im Café Mondial.

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