Demobericht 21.4. Radolfzell

Kriegerdenkmal Radolfzell Antifa

Um 14:30 Uhr versammelten sich entgegen der erwarteten Teilnehmerzahl von 50 Personen erfreulicherweise ca. 80 Antifaschist*innen in Radolfzell am Bahnhof zu unserer Demonstration gegen Nazistrukturen und Repressionen antifaschistischer Arbeit vor Ort.
Zum Auftakt der Demo am „Memorialstein für die deportierten Juden aus Baden“, wurde in einem Redebeitrag dessen Unscheinbarkeit thematisiert: Lächerlich klein im Vergleich zum martialischen Nazidenkmal auf dem Luisenplatz, gedenkt er den wahren Radolfzeller Opfern des Nationalsozialismus. Dass die offiziellen Feierlichkeiten zum Volkstrauertag trotzdem lieber neben den übergroßen Wehrmachtssoldaten abgehalten werden, wollte eine verbotene Kundgebung bereits im November 2017 kritisieren.
Am Rathaus, gelegen am Marktplatz, kritisierten wir das Agieren der Radolfzeller Bürgermeisterin Monika Laule, welche federführend an dem „Demokratie leben!“-Projekt in Radolfzell, dem „BRD-Bündnis“, beteiligt ist.
Unter dem Vorwand, demokratische Projekte in der Stadt zu fördern, fließen reichlich Gelder und zugleich wird das Stadtimage aufgebessert. Während man sich durch das Betonen der Meinungsfreiheit und eines demokratischen Miteinanders fröhlich selbst beweihräuchert, wird antifaschistische Arbeit konsequent kriminalsiert und blockiert. Das macht es einfach, die grausame NS-Vergangenheit der Stadt und lokale Neonazistrukturen totzuschweigen.
Diese thematisierten wir allerdings in der Wiesengasse, wo ein Redebeitrag zu einer III.Weg-Aktivistin direkt vor ihrem Haus erfolgte. In diesem klärten wir Anwohner*innen über ihre Nachbarin auf und kritisierten ihre Umtriebe im Rahmen der neofaschistischen Kleinstpartei. Die Demoroute ging weiter zu dem örtlichen Polizeirevier, wo wir ebenfalls Kritik an Vorfällen mit dieser Institution in der Vergangenheit kritisierten. So sind Polizist*innen dafür verantwortlich, dass es immer wieder – auch in Radolfzell – zu Repressionen, Verhaftungen, Vertreibungen und Abschiebungen kommt.
Daran ist auch das Ordnungsamt beteiligt, welches wir daraufhin besuchten und auch hier einem Redebeitrag hielten, der explizit auf die Vertreibung von Sinti und Roma in Radolfzell-Reute einging: Dort fuhren sowohl Polizei als auch Ordnungsamt mit hohem Aufgebot auf und erzwangen die Räumung von Wohnwägen etlicher Familien.
Schließlich kamen wir zu unserem letzten Stopp auf der Demoroute, dem Luisenplatz. Hier steht die große Wehrmachtssoldatenstatue mit Gedenktafeln. Unter der Überschrift „Opfer der Gewaltherrschaft“ stehen hier Täter, wie etwa Heinrich Köppen und Joachim Rumohr direkt neben Opfern. Hier wird jährlich am Volkstrauertag die städtische Gedenkfeier abgehalten, was wir zutiefst verurteilen. Infotafeln, die wir neben dem Denkmal platzierten, sollten klarstellen, wer die Täter und wer die Opfer waren: Die etlichen Namen auf den Gedenktafeln fanden sich unter den Plakatwänden Antifaschistischer Widerstand im Nationalsozialismus, Deportierte Sinti und Roma, Jüdinnen und Juden; und bekannte SS-Offiziere wieder. Weitere Materialien informierten über aktuelle rechte Strukturen wie die Identitäre Bewegung und den III. Weg.
Eine weitere Rede fasste die Geschichte und den heutigen Umgang der Stadt mit dem Denkmal zusammen. Der Rückweg zum Bahnhof führte an einer von Passant*innen gefüllten Promenade entlang und gab der Demonstration einen aufmerksamkeitsreichen Abschluss.
Mit diesem Tag konnte ein starkes Zeichen gegen Radolfzell gesetzt werden, da unverhältnismäßige Auflagen der Behörden im Vorfeld im Gericht kassiert wurden. Dies verdeutlichte, wie unrechtens Radolfzeller Behörden arbeiten und mit welchen Mitteln versucht wird, uns mundtot zu machen. Das von der Bürgermeisterin als notwendig angesehene enorme Polizeiaufgebot, erschien wohl selbst dem Einsatzleiter so lächerlich, dass er die mit Sonderausrüstung ausgestatteten Polizist*innen sowie eine Hundestaffel wieder abfahren ließ. Es ist aber ein weiterer Beleg, wie durch Radolfzeller Behörden Antifaschismus kriminalsiert wird. Doch dass sich die Stadt so vehement gegen unsere Aufklärungsarbeit wehrt, während Faschist*innen für ihre menschenverachtende Propaganda der Weg geebnet wird, legt nahe, dass der Handlungsbedarf bleibt und uns anspornt, laut die Stimme zu erheben und weiter gegen Behörden, Repression und Nazistrukturen zu kämpfen.

Antifaschismus ist und bleibt legitim.

Presseartikel zu der Demo:

Protest gegen Behördenwillkür in Radolfzell

Klatsche vor Gericht: Auflagen der Stadt Radolfzell offensichtlich rechtswidrig

Rund 50 Teilnehmer demonstrieren gegen „Nazistrukturen in Radolfzell“

Unruhe im Hinterland

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