Stellungnahme zur Südkurier Berichterstattung

 
Nachdem wir als OAT am Sonntag aus gegebenem Anlass eigene Rechercheergebnisse zu Wodans Erben Germanien (WEG) in Wallhausen veröffentlicht haben („Terrorzelle Gruppe S – Spuren führen auch nach Konstanz“[1]), kann man diese nun auch als Südkurierrecherche im Print nachlesen („Recherchen des SÜDKURIER ergeben: Die braunen Spuren führen auch in die Bodensee-Region“)[3].
 
Darüber hinaus bilden zwei Interviews den Kern des Artikels, in denen WEG-Leader Thomas Lohr („Er mache sich Gedanken um seine Frau“) und WEG-Webshopbetreiber Jürgen Schwarz („Er mache sich Gedanken um seine Familie“) Raum gegeben wird, ihre Sorgen und Ängste zu teilen, die man sich als Anführer bzw. Unterstützer einer rechtsradikalen Organisation so einhandelt.
 
Tommy Lohr zeigt sich zudem fassungslos („Ich war fassungslos“), dass (mindestens) zwei seiner Mitglieder Teil einer rechten Terrorgruppe sind. Und es ist ja auch nicht zu fassen, dass Mitglieder eine Gruppe, die sich unverhohlen zum Nationalsozialismus bekennt und in Asylbewerberunterkünfte eindringt[2], Gewalttaten gegen Asylbewerber nicht ausschließen würden.
 
Bezeichnenderweise wird auch in diesem Artikel grundsätzliche Gewaltbereitschaft hauptsächlich erst mal mit Links assoziiert und die Frage nach derselben dementsprechend auch nur dem „Antifa-Mann“ gestellt. Während Lohrs („Er ist ein feiner Kerl“ – Schwarz) Kameraden Handgranaten und Schusswaffen horten, um bundesweit Moscheen anzugreifen, hilft es nicht, als Ausgleich eine Gefahr von links herbeizufantasieren.
 
Es ist trotzdem begrüßenswert, dass unsere Recherchen breiten Anklang finden. Mit der Veröffentlichung wollten wir einen Beitrag zur Aufklärung des rechten Terrors leisten. Dieser Beitrag unabhängiger Antifa-Arbeit kommt in der öffentlichen Wahrnehmung häufig zu kurz, aber bleibt weiterhin wichtig.
 
Die Parallelen von Gruppe S und dem NSU liegen auf der Hand: Wieder konnte sich eine Gruppe Neonazis unter den Augen von Polizei und „Verfassungsschützern“ bewaffnen und Anschläge planen. Eine solche Gruppe ist unberechenbar, reiner Glücksfall, dass es noch nicht zum Anschlag kam.
 
Wir zeigen aber auf: zu jeder rechten Terrorzelle gibt es ein Unterstützer- und Finanzierungsnetzwerk und die sind diesmal eben direkt vor der eigenen Haustür.
 
[1] https://oatkn.blackblogs.org/2020/02/16/terrorzelle-gruppe-s-spuren-fuehren-auch-nach-konstanz/
[2] https://www.sueddeutsche.de/muenchen/rechtsextremismus-wodans-erben-verfassungsschutz-muenchen-nuernberg-1.4366132
[3] https://www.suedkurier.de/baden-wuerttemberg/Rechte-Umtriebe-in-der-Region-Nazi-Terrorzelle-hatte-Verbindungen-an-den-Bodensee;art417930,10444595

Terrorzelle Gruppe S – Spuren führen auch nach Konstanz

Dieses Wochenende gab es bundesweite Razzien gegen eine rechte Terrorzelle, die die Behörden „Gruppe S.“ nennen. Im Zuge dessen wurden 12 Haftbefehle ausgestellt, nachdem diverse Hausdurchsungen stattfanden.
Gruppe S, benannt durch die Behörden nach dem Anführer Werner Somogyi (Facebook: Werner Schmidt) aus Mickhausen bei Augsburg, gründete sich im September 2019 bei einem Treffen in Altdorf (Rems-Murr-Kreis).
Bei den Verdächtigen entdeckte die Polizei unter anderem Schusswaffen und Handgranaten. Besonders brisant: einer der Verdächtigen ist selbst bei der Polizei NRW.

Rekrutiert hat die Gruppe vor allem aus den Neonazi-Bürgerwehren. So berichtet „SWR“ von Verbindungen zu Soldiers of Odin und „Sachsen-Anhalt Rechtsaussen“ zu Vikings Security Germania.(1)
Die Neonazi-Gruppe „Wodans Erben Germania“ ist eine Nachfolge der Soldiers of Odin, der bayrische Twitter Account z.B. hat sich lediglich umbenannt (2).
Wodans Erben haben seit geraumer Zeit einen Schwerpunkt in Konstanz. Hier fanden mehrere Treffen statt und auch der bundesweite Versandhandel der Neonazis wird über die Firma H-Design von Jürgen „Hoschi“ Schwarz in Konstanz betrieben.
Als Treffpunkt dient ein Hof, den „Gnadenhof Wallhausen“, am Tobelweg in Konstanz-Wallhausen gelegen.
Im benachbarten Wohnhaus lebt das Neonazi-Paar Thomas Lohr und Daniela Kremerius, die zu Werner Somogyi Kontakt pflegten.
Thomas Lohr benutzt seinen roten Dodge, der in Konstanz zugelassen ist, auf diversen Treffen und Campingausflügen der Wodans Erben.

Jürgen „Hoschi“ Schwarz stellt einen besonderen Unterstützer der Wodans Erben dar, denn er ist gut in das Konstanzer Stadtleben integriert. Seine Firma listet als Referenzen alles vom Konstanzer Theater bis zum Billigbordell. Auch einige Fasnachtsvereine, in denen Jürgen Schwarz selbst aktiv ist, sind Kunden der Firma.
Auf seinem Facebookprofil finden sich in der Freundesliste Thomas Lohr, Markus Wodanssohn, Andi Odin, Daniela Kremerius, Frank Holl und Mike Schattmann. Alles Admins der Wodans Erben Facebookgruppe. Außerdem alles Freunde von Werner Somogyi, der nicht mal 180 Freunde auf Facebook hat.

Nachtrag: Die Besitzerin des Hofes ist an uns herangetreten  um klarzustellen, dass das Paar nicht direkt auf dem Hof wohn und sie zum Zeitpunkt der Treffen nicht wusste, dass dies eine Neonazigruppe ist. Die entsprechenden Formulierungen wurden im Text klargestellt.

(1): https://lsa-rechtsaussen.net/terror-razzien-in-sachen-anhalt-unterstuetzer-rekrutiert-aus-neonazi-buergerwehr/
(2): https://twitter.com/Soldiersof0din

 

Vortrag Rechter Terror von Robert Andreasch


Nach der Selbstenttarnung des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) im November 2011 zeigten sich viele überrascht: Neonazis, die abgetaucht sind, Serienmorde, Nagelbombenanschläge und Raubüberfälle begehen?
Die gesellschaftliche Ignoranz wurde danach jedoch nicht von einer nachhaltigen Auseinandersetzung mit der Gefahr von rechts abgelöst. Nach dem Mord an dem hessischen CDU-Politiker Walther Luebcke (Juni 2019) oder den Attentaten in Halle (Oktober 2019) äußerten sich Politiker_innen, Sicherheitsbehörden und Journalist_innen erneut „überrascht“.

Robert Andreasch erzählt die einhundertjährige Geschichte rechtsterroristischer Gruppen, Netzwerke und Täter_innen in Süddeutschland, von der „Thule-Gesellschaft“ über die „Kabus-Gruppe“, die Wehrsportsgruppen, die „Deutschen Aktionsgruppen“ über den NSU bis zu den Netzwerken von „Combat 18“ und „Südkreuz“. Wie konnten die Attentate jeweils so schnell wieder in Vergessenheit geraten? Welche politischen Kampagnen von rechts wurden und werden durch Anschläge begleitet und warum? Welche Konzepte des bewaffneten Kampfes wurden und werden in den hiesigen rechten Szenen diskutiert und umgesetzt? Wie sahen und sehen die gesellschaftlichen Bedingungen jeweils aus?

Robert Andreasch (München) arbeitet als auf die extreme Rechte spezialisierter Autor, Journalist und Gutachter.

Ab 18:00 Uhr Einlass/Essen
Ab 19:00 Uhr Vortrag
im Cafe Mondial

Invasion der Türkei und Anschlag auf Synagoge in Halle

Vorgestern, am 09. Oktober fanden zwei Ereignisse auf statt, die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben scheinen – der Einmarsch der türkischen Armee in Rojava und der Anschlag eines deutschen Neonazis auf die Synagoge in Halle, bei dem zwei Menschen getötet wurden.

Der Angriff der türkischen Armee ist Teil eines jahrezehntelangen Kampfes um die Vorherrschaft im Nahen Osten, der syrische Bürgerkrieg Schauplatz der Auseinandersetzung verschiedener imperialistischer Staaten. Rückendeckung für ihr Tun bekommt die Türkei auch vom deutschen Staat, denn der Flüchtlingsdeal zwischen der EU und der Türkei finanziert auch das türkische Militär und sichert der Türkei zwar nicht die offene Unterstützung, aber doch die praktische Billigung ihres Tuns durch die EU-Mitgliedsstaaten.
Und warum handelt die EU so? Warum ist ihr die Tatsache, dass die Türkei 3,6 Mio. Geflüchtete aus Syrien an der Weiterreise hindert, 6 Milliarden Euro und den Verrat an der kurdischen Bewegung wert?
Ein Grund dafür ist in dem Rechtsruck zu finden, der in vielen europäischen Staaten die bis dato etablierten Parteien unter Druck setzte und denen Stimmen nahm – ein Rechtsruck, der aus dem ganzen rassistischen Potential der bürgerlichen Gesellschaft heraus entstand und auch die anderen Parteien vor sich hertreibt. Angetrieben von diesem Rechtsruck sehen sich die aktuellen Herrschenden genötigt, auf die Interessen dieser „besorgten Bürger“ einzugehen. Dazu gehört eben, dass man der Türkei Milliarden bezahlt, damit diese Millionen geflüchteter Syrer*innen an der Weiterreise hindert. Wenn Horst Seehofer vor einer (wie vor ein paar Tagen geschehen) vor einer neuen „Flüchtlingswelle“ warnt, hat das zwei Sachen zu bedeuten: Erstens, der Flüchtlingsdeal wird nochmals verteidigt und der Rassismus wird angeheizt: denn nichts macht den Rassist*innen dieses Landes mehr Angst, als die Vorstellung dass noch mehr hilfesuchende Menschen sich in Sicherheit bringen können. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, wenn faschistische Gruppen und Ideologien Aufwind bekommen, ob jetzt die identitäre Bewegung oder die rassistischen Mobs in Städten wie Schneeberg, Bautzen, Freital oder Chemnitz und vor allem auch die AfD, die zwar (noch?) nicht geschlossen faschistisch ist, aber das Bindeglied zwischen bürgerlichen und faschistischen Rechten ist. Und bei diesem gesellschaftlichen Klima ist klar, dass auch Neonazis in ihrem Wahn sich bestätigt fühlen und sich auserkoren sehen, alleine gegen die herbeiphantasierte Islamisierung anzukämpfen. Und in nazistischer Tradition deuten sie die Geschehnisse der (Welt-)Politik antisemitisch: hinter allem tatsächlichen und auch vermeintlich Schlechten der modernen Welt sehen sie Juden – egal ob Feminismus oder Immigration. Am Antisemitismus dieser Menschen hat sich in den letzten 100 Jahren nichts geändert.
Umgekehrt füttert der rechte Terror und Rassismus das islamistische Narrativ, dass der Westen einen Kreuzzug gegen alle Muslime führen würde und nur die Umma Schutz bietet – eine Umma, die sich selbst von allen „degenerierten“ Elementen befreien muss. Und der islamistische Terror der daraus entwächst ist Wasser auf den Mühlen derer, die vor der Islamisierung warnen und sie eigentlich kaum erwarten können, die rechten Bürgerkriegsfanatiker, die schon Todeslisten führen und Waffen sammeln.

Ob jetzt islamistisch und faschistisch aufgeladener Imperialismus oder Neonazis, einig sind sie sich in ihren Feindbildern: die moderne Gesellschaft und was sie alles dafür halten. Die Feinde sind alle, welche nicht als Teil der eigenen Nation begriffen werden: Feminist*innen, die Menschen mit der „falschen“ Religion, queere Personen, Menschen ohne Papiere, Linke und Jüd*innen.

Unsere Antwort darauf kann nur Solidarität sein: Solidarität mit den Kurd*innen, Araber*innen und Ezid*innen in Rojava, Solidarität mit den Jüd*innen in Deutschland und der ganzen Welt.

Und was wir tun können? Als erstes: uns solidarisch zeigen, mit den Opfern der Gewalt und ihren Angehörigen. Dann: in die Offensive gehen, rechte, islamistische und antisemitische Strukturen angreifen. Unserer Wut Ausdruck verleihen, laut sein. Den kapitalistischen Normalzustand angehen, nicht vergessen, dass Faschismus und Islamismus ihren Nährboden in Armut und Ausgrenzung haben solange es kein linkes Gegenangebot gibt.

Alerta Antifascista & biji berxwedana rojava!

Prozess gegen junge AfD-Gegnerin

Während einer Veranstaltung des AfD-Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon im September letzten Jahres kam es zu gewaltsamen Übergriffen durch Veranstaltungsteilnehmende und die Polizei gegen eine junge, protestierende Frau (Sie wünscht, anonym zu bleiben). Trotz des ihr geschehenen Unrechts muss sie sich zum Julibeginn für ihr demokratisches Engagement vor Gericht verantworten: Der fadenscheinige Tatvorwurf lautet „Angriff auf Vollstreckungsbeamte“. Durch dieses Vorgehen gefährdet die Polizei Konstanz mit Hilfe der Staatsanwaltschaft Konstanz legitimen Protest gegen menschenverachtendes Gedankengut, schützt dessen Wortführer und versucht, von ihrem eigenen Fehlverhalten abzulenken.

Wir als OAT Konstanz wurden von der betroffenen Frau kontaktiert, um uns mit ihrem Fall an die Öffentlichkeit zu wenden. Für uns als Antifaschist*innen ist klar: Betroffen ist eine, gemeint sind wir alle!

Zur Finanzierung des Prozesses bitten wir um Spenden, am Ende des Textes finden sich die entsprechenden Kontodaten. Wir bedanken uns!
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Zum Hintergrund:

Am Montag, den 17.09.2018 fand gegen 20:00 Uhr eine Veranstaltung des
Holocaustleugners und ultrarechtem AfD-Landtagsabgeordneten Wolfgang
Gedeon in der GEMS in Rielasingen-Arlen (bei Singen, Landkreis Konstanz) statt [1]. Der völkisch-nationalistische Rassist und Antisemit geriet zuletzt mit einem breiten Skandal an die
Öffentlichkeit, weil er laut einem Gerichtsbeschluss offiziell als
Holocaustleugner bezeichnet werden darf [2]. Das hinderte die Gemeinde
Rielasingen-Worblingen nicht daran, ihm Räumlichkeiten zur Verfügung zu
stellen, in denen er gemeinsam mit Stefan Räpple (ebenfalls MdL AfD) in
einem öffentlichen „politischen Diskussionsabend“ [s. 1] über die Frage „Was
geschah in Chemnitz [im September 2018]?“ aufklären wollte [s.1]. Wie zu erwarten, nutzten die AfD-Abgeordneten die Veranstaltung für rassistische und antisemitische Hasstiraden:
So wurde die im Rahmen des Chemnitzer Stadtfestes am Sommerende 2018 [3] verübte rechte Hetze und Gewalt wurde während der Veranstaltung beschönigt und relativiert. Außerdem leugnete Gedeon den im gleichen Zeitraum stattgefundenen, polizeilich gefahndeten Angriff auf ein jüdisches Restaurant von mutmaßlichen Rechtsradikalen [s.3]. Antisemitische Verschwörungstheorien und rassistische Denkmuster wurden – wie gewohnt – bespielt [4].

Wie auch wir vom OAT entschließ sich die junge Frau dazu, diesem menschenverachtenden Gedankengut von Stefan Räpple und Wolfgang Gedeon, der bei den letzten Landtagswahlen erschreckende 20,1% der Stimmen gewann [5], etwas entgegenzusetzen.

Mit lautstarkem Protest, Parolen wie „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“ und Pfeifen wurde die Veranstaltung von jugendlichen Aktivist*innen gestört, um Gedeon und seinen
AnhängerInnen den Abend zu vermiesen. Daraufhin kippte die Stimmung im Veranstaltungsraum schnell: Die SympathisantInnen der AfD – überwiegend männlich und deutlich über 30 – begannen die Störer*innen verbal und körperlich anzugehen, unter dem Einsatz körperlicher Gewalt wurden die ersten Aktivist*innen aus dem Saal befördert. Ab diesem Moment war die Atmosphäre sehr geladen und aggressiv. Der von Gedeon selbstorganisierte Saalschutz-Prügelknabe trat beispielsweise einen jungen Mann in den Rücken gegen eine Tür, woraufhin diese anhaltenden Schmerzen davontrug. Weder Wolfgang Gedeon noch die anwesenden Gäste empörten sich über diesen brutalen Eklat. Nur ein Veranstaltungsteilnehmer versuchte einzugreifen und rief „Keine Gewalt!“, wurde jedoch von allen vollständig ignoriert.

Aufgrund dieser ersten Eskalation wurden mehrere Polizeibeamte samt einer Hundestaffel der Polizei Konstanz angefordert, welche nach kurzer Zeit in das Geschehen eingriff: die verbliebenden Aktivist*innen wurden allesamt von aggressiven, gewaltbereiten VeranstaltungsteilnehmerInnen mithilfe der Polizei unter Einsatz physischer Gewalt des Raumes verwiesen.

Neben den Aktivist*innen des OAT waren auch andere Personen an den
Protesten beteiligt, darunter jene junge Frau, die sich jetzt vor Gericht verantworten soll. Stillschweigend hielt sie im hinteren Teil des Veranstaltungssaals ein
Transparent hoch, auf dem ein Zitat aus der ‚Welt‘ zu lesen war: „GEDEON
darf HOLOCAUSTLEUGNER genannt werden“. Sie wurde ebenfalls von den Veranstaltungsteilnehmenden vor den Augen der anwesenden Polizeibeamten gewaltsam aus dem Raum befördert, beleidigt, körperlich angegangen und sogar mit erhobenen Stühlen bedroht. Die junge Frau musste sich gegen den wütenden Mob wehren. Diese extrem bedrohliche Situation versetzte sie in einen emotionalen Ausnahmezustand, als sie von den Polizeibeamten aus dem Veranstaltungssaal geschoben wurde. Aufgebracht konfrontierte sie die Beamten damit, dass sie demokratischen Protest verhinderten, als Reaktion darauf wurde sie von einem Polizeibeamten gewürgt, gewaltsam zu Boden gedrückt und festgenommen.

Die Konfrontation der Polizei bezüglich ihrer Vorgehensweise führte diese jedoch nicht
zur Einsicht, dass deren Handeln unverhältnismäßig und brutal war. Sie erkennen nicht, dass sie gescheitert sind, ihrer Aufgabe, demokratische Meinungsäußerungen zu schützen und die körperliche Unversehrtheit aller Anwesen zu gewährleisten, nachzukommen. Stattdessen werden die panischen Versuche der jungen Frau, die gewaltsamen Übergriffe der Polizei mit ihren Händen abzuwehren, nachträglich in Faustschläge auf Polizeibeamte umgedichtet und strafrechtlich verfolgt.

Mit großer Sorge betrachten wir die Entwicklung der Ereignisse an jenem Abend. Uns verwundert es nicht, dass eine öffentliche Diskussionsveranstaltung eines Landtagsabgeordneten derart aus dem Ruder laufen kann, aber weniger wütend sind wir dennoch nicht:

Dass ein solch brutales Vorgehen in Anbetracht des aufsteigenden Autoritarismus der Neuen Rechten inzwischen normalisiert und hingenommen ist. Dass Wolfgang Gedeon seinen eigenen Saalschutz dabeihat, der Kritiker*innen der AfD, die von ihrem Recht auf Meinungsäußerung Gebrauch machen, körperlich angreift. Dass diese Gewalt von den anwesenden VeranstaltungsteilnehmerInnen als eine legitime Reaktion auf linke Aktivist*innen betrachtet wird. Dass das Vorgehen der Polizei zuallererst diejenigen trifft, die Opfer rechter Gewalt geworden sind und nicht die Täter.
Die Polizei missbrauchte an diesem Abend erneut ihre Macht und muss mal wieder nicht mit Konsequenzen für ihr Verhalten rechnen. Solche Fälle der strukturellen Ungerechtigkeit reihen sich in Deutschland. Solange die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte im Dienst und die Aufarbeitung polizeilichen Fehlverhaltens durch eine unabhängige Instanz weiterhin nicht durchgesetzt werden, wird sich daran auch nichts ändern – denn das politische Interesse an einer kritischen Kontrolle der Polizei ist nicht vorhanden, wie die Verschärfung der Länder-Polizeigesetze zeigt [6] [7].

Wir verurteilen die antidemokratische, rassistische und antisemitische Grundhaltung der AfD, deren WortführerInnen rechte Gewalt befeuern. Die stattgefundene, folgenlose Polizeigewalt trägt zur Ebnung des Weges zum aufsteigenden gesellschaftlichen Autoritarismus bei.

Das Gerichtsverfahren am Anfang Juli trifft die Falsche. Das ist ein Schlag in das Gesicht für alle, denen etwas am Recht auf freie Meinungsäußerung liegt und die sich für ein solidarisches und diverses Miteinander einsetzen und ein weiterer Einschüchterungsversuch gegen antifaschistisches Engagement.

Solidarische Grüße
OAT Konstanz

Konto: Volksbank Konstanz
Inhaberin: Sozialistische Jugend Deutschland-Die Falken Ortsgruppe Konstanz
Iban: DE65692910000226651608
Verwendungszweck: Antirepression Rielasingen

Nachweise

[1] http://www.wolfgang-gedeon.de/2018/09/erinnerung-17-sept-2018/
[2] https://www.welt.de/politik/deutschland/article172556716/AfD-Mitglied-Gedeon-darf-Holocaust-Leugner-genannt-werden.html
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Ausschreitungen_in_Chemnitz_2018
[4] https://www.seemoz.de/lokal_regional/ich-war-in-einem-rosa-polohemd-in-chemnitz/
[5] https://www.seemoz.de/lokal_regional/antisemit-gedeon-in-rielasingen/
[6] https://www.welt.de/regionales/nrw/article190833287/Bochum-Forscher-untersuchen-Dunkelfeld-der-Polizeigewalt.html
[7] https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/Staatstrojaner-in-der-Kritik-Verfassungsbeschwerde-gegen-BW-Polizeigesetz,verfassungsbeschwerde-polizeigesetz-100.html

Kritische Psychologie – Marxistische Gegenpositionen zu kapitalistisch beeinflussten Standpunkten der Psychologie

In den Fokus der von 1968ff. am Wissenschaftsbetrieb geriet auch die Psychologie, insbesondere deren experimenteller Mainstream: Der Mensch werde dort als isoliertes Individuum konzeptioniert, losgelöst von historischen und gesellschaftlichen Bezügen, mit
dem Ziel dessen Reaktionen auf äußerliche Einflüsse zu untersuchen; letztlich sei die Psychologie Herrschaftswissenschaft und Anpassungstechnik. Demgegenüber setzt das Menschenbild der aus der Studierendenbewegung hervorgegangenen Kritischen Psychologie keinen Gegensatz zwischen Individuum und Umwelt, sondern berücksichtigt die Tatsache, dass Menschen genuin gesellschaftliche Wesen sind, d.h. gesellschaftlichen Bedingungen unterstehen und , diese aber auch gleichzeitig verändern können. Im Vortrag sollen die Konsequenzen eines solchen Menschenbildes für die (Kritische) Psychologie und ihre wichtigsten Begriffe eingeführt werden.

Wann: 23.05.19
Wo: Universität Konstanz, Raum D406

Protest gegen AfD-Stand auf der Marktstätte in Konstanz

In der Schlussphase des Europa- und Kommunalwahkampfes versuchte die AfD nun ihr Glück in Konstanz.
Dies erfordert natürlich eine antifaschistische Intervention, weswegen sich mehrere Antifaschist*innen spontan zusammenfanden, um mit Transparenten aufzuzeigen, dass die menschenverachtende Propaganda der AfD keinen Platz hat – weder in Konstanz, noch sonst wo.
Nach eineinhalb Stunden ist die AfD auch abgezogen, nicht ohne sich in ermüdenden und selbstoffenbarenden Diskussionen mit den Aktivist*innen zu versuchen.
Das Interesse der Passant*innen, sich von den AfD-Anhängern belabern zu lassen, hielt sich in Grenzen, stattdessen gab es viel Zuspruch für uns. Auch haben sich mehrere Passant*innen unserem Protest angeschlossen, was uns sehr erfreut hat.
Das Klientel der AfD leiß es sich nicht nehmen, den üblichen Quatsch rauszuhauen: „Linksfaschisten“, „Brüder*innen“ auch noch: „Es gibt kein Recht auf linke Propaganda“ – aus dem Mund von Michael Huck (ehemaliger Funktionär der „Freiheit“ Singen, jetzt Kreistagskandidat für die AfD). Auch ließ es sich ein Sympathisant der AfD nicht nehmen, auf die Frage „was ist denn jetzt die Wahrheit über den Zweiten Weltkrieg“ mit einem lauten „Das ist alles erstunken und erlogen zu antworten!“ – Holocaustleugner bei der AfD sind keine Seltenheit, gehört es doch hier in Konstanz bei AfD-Veranstaltungen zur Routine, sich von alten Männern anhören zu müssen, dass der Holocaust erfunden sei oder dass die Juden den Krieg angefangen hätten. Auf die Frage, warum Personen, die klar den Holocaust leugnen bei den Veranstaltungen und in der Partei toleriert werden, hieß es: „man sich habe genug damit befasst und es bestehe ein kausaler Zusammenhang zwischen den Inhalten der Partei und den Ansichten ihrer Anhänger“ (kein wörtliches Zitat).
Nach etwa einer Stunde haben die AfD-Anhänger dann die Polizei gerufen, welche erst versuchte unseren Protest völlig zu verdrängen, sich auf die aktuelle Rechtslage besinnen mussten und unseren Protest nicht verbieten konnten. Allerdings ließen es die Polizeibeamt*innen sich nicht nehmen, eines unsere Transparente zu beschlagnahmen, mit der Begründung, es handle es sich dabei um „Volksverhetzung“ – wegen der Parole „AfD – angreifen – Rechte Strukturen zerschlagen“ und dem Bild einer Faust, welche das AfD Logo zerdrückt. Diese hanebüchenen Vorwürfe offenbaren vor allem eins: der Polizei ist es, wie üblich, vorallem daran gelegen antifaschistischen Protest zu behindern.
Gegen die Kriminalisierung von Antifaschismus – Solidarität gegen Rechtsruck und Polizeistaat!

Klimanotstand – Der Kampf gegen den Klimawandel hat gerade erst begonnen!

Gestern war ein großer Tag für die Konstanzer Klimabewegung. Die Fridays for Future (FFF) Bewegung hat es mit langem Atem und harter Arbeit geschafft den Gemeinderat dazu zu bewegen den Klimanotstand für Konstanz auszurufen – ein erster und wichtiger Erfolg auf einem langen Weg im Kampf gegen den Klimawandel!
Letztlich schaffte es FFF sogar, die CDU-Fraktion und OB Burchardt so stark Druck unter Druck zu setzen, dass diese letztlich dem Antrag von FFF zum Klimanotstand zustimmen mussten. Bis zuletzt hatten OB Burchardt und die CDU Fraktion sich noch gegen den FFF Antrag gewehrt. Dies sollte auch jetzt, nachdem der Antrag zum Klimanotstand einstimmig – also auch von der CDU – angenommen wurde, nicht vergessen werden. Diesen von FFF gegen Widerstand der CDU errungenen Erfolg versucht OB Burchardt schon jetzt für sich und sein Image zu reklamieren um sich als klimafreundlicher OB zu profilieren. Damit ist er auch keinesfalls allein. Gestern versuchten sich alle Fraktionen im Gemeinderat als besonders klimafreundlich darzustellen und sich regelrecht bei FFF einzuschleimen – jede Fraktion wollte schon immer als einzige versucht haben tatsächlich klimafreundliche Politik gemacht zu haben und jetzt voll und ganz hinter FFF zu stehen. Ob sich die Konstanzer Politik dadurch nun wirklich ändert, wird sich jetzt zeigen müssen.
In den Aussprachen der Gemeinderatssitzung konnte aber bereits gestern durchschimmern, dass auch die Kommunalpolitik, genau wie die Bundespolitik, die Klimaproblematik als ein Konsumproblem darzustellen versucht. Die Verbraucher*innen selbst seien durch ihren Konsum für einen Großteil der CO2-Emissionen (bzw. dessen Äquivalents) verantwortlich und müssten daher ihr Verhalten zur Lösung des Problems ändern. Ohnehin könne man Konsumverhalten speziell der Konstanzer*innen als Stadtverwaltung kaum erfassen und auch nur minimal beeinflussen. Dieser Logik folgend ist die Stadt großteils fein aus dem Schneider und das Problem erfolgreich auf die Konstanzer*innen abgewälzt. Nach der tatsächlichen Annerkennung eines NOTSTANDS oder dem Willen zu handeln klingt das höchstens oberflächlich.
Elephanten im Raum wie kostenloser öffentlicher Nahverkehr oder die Autoproblematik, vor allem in der Konstanzer Innenstadt, wurden dabei entweder gar nicht erst angesprochen oder nur als Fußnote erwähnt. An dieser Stelle könnte die Kommunalpolitik jedoch durchaus eingreifen – wenn sie denn wollen würde – und sowohl klimafreundlich als auch sozialverträglich handeln. Stattdessen wurde über Themen wie Photovoltaik-Anlagen auf dem eigenen Haus und energiesparende Architektur gesprochen. Dies geht allerdings völlig an der Realität der Konstanzer*innen vorbei, die nicht alle die finanziellen Möglichkeiten haben, ihr eigenes Haus zu bauen oder es kostenaufwändig zu sanieren. Diejenigen, die in den alten Plattenbauten wohnen, müssen schlichtweg mehr heizen um nicht gesundheitliche Schäden davonzutragen. Es ist eine Frechheit, dass die bereits sowieso durch die Mietpreise finanziell völlig ausgereizten Bürger*innen nun auch noch für die Klimapolitik zahlen sollen, obwohl die Klimaproblematik letzten Endes durch Wirtschaft und Politik verursacht wurden – auch hier in Konstanz!
Wir alle sollten klar zeigen, dass wir wirkliche Veränderung wollen und wir müssen darauf beharren, dass die Verursacher dieser Krise die Kosten dafür zu tragen haben. Wir dürfen nicht zulassen, dass von Politik und Wirtschaft wieder einmal Umweltschutz und Sozialverträglichkeit gegeneinander ausgespielt werden!
Wir sind ganz klar für die Klimastreiks, sowie andere Arten zivilen Ungehorsams, um die Politik weiter unter Druck zu setzen. Für uns ist klar, dass unser Recht auf Demonstrationen gegen die momentane Klimapolitik und auf eine sichere und lebenswerte Zukunft ganz klar der Schulpflicht überwiegt, die ohnehin nur ein fadenscheiniger Vorwand ist, in dem Versuch die Proteste zu delegitimieren. Daher fordern wir einen sofortigen Stopp der Repression gegen Schüler*innen durch Nachsitzen oder ähnliches!
Wir rufen weiterhin zur Teilnahme an den Streiks auf: Kommt am Samstag, den 11 Mai zur nächsten Demonstration von Fridays for Future und der Schweizer Klimastreik-Bewegung (Beginn ist um 13h am Kreuzlinger Hafenplatz)! Außerdem unterstützen wir die Teilnahme an antikapitalistischen Demonstrationen wie z.B. von Ende Gelände im Juni im Rheinland.
Von der Stadt Konstanz fordern wir, dass sie nun endlich die klimafreundliche Politik macht, die sie gestern mit dem Beschluss des Klimanotstandes versprochen hat und tatsächlich handelt wie es einem Notstand angemessen ist! Für die Klimabewegung in Konstanz hat der Kampf indes erst begonnen!

Die Neue Rechte – Rassistische und nationalistische Ideologien in neuem Gewand

Viele sind derzeit ja regelrecht fasziniert von Denen, die sich selber als „Neue Rechte“ beschreiben oder von Dritten so bezeichnet werden. Sei es von der „Identitären Bewegung“ („Jung, hip, rechtsextrem“, Hannoversche Allgemeine), von Martin Sellner („Martin Sellner hört Hip Hop und hasst den Islam“, zeit.de), Götz Kubitschek („Der dunkle Ritter Götz“, Der Spiegel), Caroline Sommerfeld („A Very German Love Story: When Old Left and Far Right Share a Bedroom“, The New York Times) oder von der „Konservativen Revolution“ (Alexander Dobrindt) sowie der vorgeblichen Intellektualität am rechten Rand („Die schreiben Artikel auf einem Niveau, bei dem man erst mal ins Schleudern kommt“; Buchhandlung Lehmkuhl).

Doch ist das mit dem Faschismus echt so kompliziert?
Insbesondere für Einsteiger_innen erläutert Robert Andreasch
kompakt die lange Geschichte der „Neuen Rechten“ und ihre
Akteur_innen und gibt einen Einblick in ihre rassistischen und nationalistischen Ideologien, ihre Mythen, Begriffe und Strategien.

Robert Andreasch ist Mitarbeiter der Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e. V. (a.i.d.a.) und arbeitet als Autor, Journalist und Sachverständiger zur radikalen Rechten in Süddeutschland.

Am 21.05.2019 haben wir ihn auf 19 Uhr ins Café Mondial Konstanz e.V. eingeladen – bei freiem Eintritt.

Wir freuen uns auf euch!